Medien investieren: Ratlosigkeit – an der Schwelle zur Panik

Zwei spektakuläre Anteilsverkäufe jenseits des Atlantik illustrieren in dramatischer Weise die Ratlosigkeit bei den Tageszeitungen und AV-Medienunternehmen. Besonders deutlich wird das am Investitionsverhalten von Medienunternehmern, früher einmal Verleger genannt.

Der Vorstandsvorsitzende der Washington Post-Gruppe brachte seine Ratlosigkeit auf einen knappen Nenner: „Das Zeitungsgeschäft hat nicht aufgehört, Fragen aufzuwerfen, auf die wir keine Antworten haben.“ Man kann es konsequent nennen, dass sich die Verlegerfamilie von ihren Anteilen trennte. Gekauft wurden die Firmenanteile vom ehemaligen Investmentbanker und Amazon-Gründer Jeff Bezos, der seinen Kauf mit den Worten kommentierte: „Ich will nicht behaupten, dass ich den perfekten Plan habe.“

Dem De-Investment auf der einen Seite steht ein Investment auf der anderen Seite gegenüber, das zwar weniger Spuren in der öffentlichen Wahrnehmung hinterlassen hat, aber ebenfalls richtungweisend ist. Rupert Murdock, Noch-Verleger, hat sich mit 70 Mio. Dollar an der Jugendmedien-Marke Vice beteiligt und dafür gerade mal 5% der Firmenanteile bekommen.

Warum investiert ein aggressiver Unternehmer, der für seine geringe Neigung zur Kooperation bekannt ist, in eine Minderheitenposition von 5% und bewertet Vice damit mit 1,4 Mrd. Dollar?

Denn sie wissen nicht was sie tun

Was treibt Murdoch, Springer, Holtzbrinck, Burda und andere dazu, Onlineangebote mit und ohne journalistischen Anspruch zu kaufen und horrende Preise zu bezahlen? Die Antwort ist einfach und erschütternd. Die Medienunternehmen sehen, dass Milliarden von Werbe-Euros und -Dollars, die früher in ihre Taschen geflossen sind, nun in Richtung Internet umgeschichtet werden. Sie sehen auch, dass sie vergleichbare (Werbe-)Erlöse wie früher mit ihren herkömmlichen Angeboten im Netz nicht erwirtschaften können. Daher investieren sie ihre teilweise immer noch auskömmlichen Renditen der traditionellen Medien in Onlineangebote aller Art. Da allen Verlagen gemeinsam ist, dass sie nicht wirklich wissen, wie man zukünftig im Netz erfolgreich sein wird,  verteilen sie das Geld weiträumig – irgendwas wird schon funktionieren. Eigenentwicklungen sind keine dabei. Es wird zugekauft.

Angsthandlungen als Vorzeichen einer Panik

Wird die Welle des Wahnsinns bei irrelevanten 5%-Beteiligungen enden? Wohl kaum, der Tsunami ist wohl nicht aufzuhalten.

Smart wären Kooperationen, echte Partnerschaften. Serviceverträge mit Softwareherstellern und Systemanbietern statt eigenen Rechenzentren, am besten als Branchenlösungen. Was sehen wir stattdessen? Panische Einzelaktionen. Statt sich intensiv um Leser, Marktnischen und Werbekunden zu kümmern, wird das dritte Medizinportal gekauft (keines hat bisher seinen Kaufpreis verdient), Hardware mit Abos kombiniert (viel Spaß mit der Hotline)  oder werden Lastenhefte für „unserer CRM“ geschrieben statt als Service von der Stange gebucht. Auf Nebenkriegsschauplätzen werden wichtige Ressourcen verschwendet, aber keine Kriege gewonnen.

Rauswerfen – jetzt

Das Ei ist zerbrochen. Die Konsequenz muss heißen: Schmeißt die Geschäftsführer raus, die Rührei servieren wollen oder sich mit der Deko auf dem Eiweiß verzetteln. Es geht heute wie gestern um das Gelbe vom Ei: Lesernutzen und Werbeleistung in Strukturen, die sich durch die Erlöse finanzieren lassen. Punkt.

 

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