Digitale Mediendienstleister: 2015 war gut, 2016 wird besser

Um den Zustand der Buch- und Medienbranche zu beurteilen, lohnt sich ein Blick auf ihre Dienstleister. Daher hat die Narses Beratungsgesellschaft ihrem Panel aus führenden digitalen Mediendienstleistern zum Jahresende drei Fragen gestellt:

  1. Wie sind die Geschäfte 2015 für Ihr Unternehmen gelaufen?
  2. Welche Entwicklung Ihrer Geschäfte erwarten Sie für 2016?
  3. Was wird im kommenden Jahr für Ihr Geschäft besonders wichtig sein?

Die Antworten sind optimistisch, werfen aber auch Fragen auf.

2015 war kein einfaches, aber ein erfolgreiches Jahr

Der Rückblick hat ein eindeutiges Ergebnis. Für fast 80 % der befragten Unternehmen lief 2015 besser als das Vorjahr. Nur 5 % berichten von einer Verschlechterung im Vergleich mit 2014.

Digitale Mediendienstleister: Rückblick 2015

Aus den Kommentaren der GeschäftsführerInnen wird deutlich, dass 2015 insbesondere regulatorische Fragen den Verlagen zugesetzt haben. Die Zeitungsverlage kamen durch die Einführung des Mindestlohns finanziell unter Zugzwang, und die Neuregelung der E-Book-Besteuerung hat die Nettoerlöse der Buchverlage geschmälert. Dies hat auch Umsatz und Gewinn der Mediendienstleister negativ beeinflusst.

Dass die Dienstleister dennoch auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken, hat vermutlich zwei Gründe:

  • Die Bedeutung angebotener digitaler Dienstleistungen, z.B. in den Bereichen Sichtbarkeit, Kundenkontakt und Marketing, wird von den Verlagen zunehmend erkannt. Auch der Bedarf nach Ersatz für veraltete Verlagssoftware-Systeme wächst.
  • Digitale Mediendienstleister arbeiten fleißig an der Optimierung ihrer eigenen Prozesse. Einige haben die oben erwähnten gesetzlichen Entwicklungen vorausgesehen und ihre Angebotsstrategie danach ausgerichtet.

Guter Auftragsbestand verspricht weiteres Wachstum in 2016

Für das kommende Geschäftsjahr ist die Erwartung der Befragten ebenfalls klar positiv: Fast 80 % rechnen damit, dass 2016 noch besser laufen wird als 2015.

Digitale Mediendienstleister: Ausblick 2016

Als Basis für diese rosige Zukunftsprognose werden vor allem sehr gute Auftragsbestände und ein aktueller Höchststand in Bezug auf das Angebotsvolumen genannt. Digitale Dienstleister beobachten, dass Portfolioerweiterungen wie Big Data und intelligente Datenintegration am Markt gut angenommen werden. Mehrere Unternehmen sind auch in Österreich und der Schweiz auf Expansionskurs.

Was wichtig wird: Personalaufbau, Vertrieb und Fortführung von Innovationen

Aus Sicht der Mediendienstleister werden 2016 drei Handlungsfelder besonders wichtig für ihr Geschäft:

  • Innovation:  Für viele Unternehmen stehen Entwicklung und Ausbau weiterer neuer Produkte und Geschäftsmodelle an erster Stelle.
  • Vertrieb: Eine weitere große Gruppe legt den Fokus darauf, mehr Umsatz mit bestehenden Produkten zu machen.
  • Personal: Ebenfalls häufig genannt wird die Gewinnung von kompetenten MitarbeiterInnen. Diese werden angesichts der Auftragsmenge im Bereich Technik und Projektgeschäft gebraucht, aber auch für den Vertrieb und das Management des Wachstums. (Mehr dazu finden Sie in der 3. Narses-Umfrage zum Recruiting-Verhalten von Mediendienstleistern.)

Werden die Folgen der VG Wort-Maßnahmen unterschätzt?

Die Statements zu Mindestlohn und E-Book-Besteuerung haben gezeigt, wie stark das Geschäft der Dienstleister beeinflusst wird von regulatorischen Fakten, die sich auf die Buch- und Medienbranche auswirken. Vor diesem Hintergrund ist es überraschend, dass der drohende Wegfall der Verwertungsausschüttungen an Verlage in den Kommentaren nicht zur Sprache kommt. Nur einer der Umfrageteilnehmer beantwortete unsere Frage „Was wird 2016 für Ihr Geschäft besonders wichtig sein?“ mit einem Verweis auf die Entwicklung des Buchmarkts und der regulatorischen Vorgaben. Und dies, obwohl die VG-Wort als Reaktion auf das am 12. November 2015 gefällte Urteil des EuGH im Prozess HP vs. Reprobel u.a. folgende Maßnahmen ergriffen hat, die für Verlage massive wirtschaftliche Konsequenzen haben:

  • Aufforderung aller Verlage, für im Jahr 2012 erhaltene Ausschüttungen eine Verjährungsverzichterklärung abzugeben oder die Gelder bis zum 10.12.2015 zurückzuzahlen
  • Aussetzung aller Verlagsausschüttungen (Ausnahme: Theater- und Schulbuchverlage) bis zur Entscheidung des BGH im Frühjahr 2016 zur Rechtmäßigkeit der Pauschalabgaben an Verlage

Auch wenn Verlage eine sofortige Rückzahlung erhaltener Gelder durch die Unterzeichnung der Verjährungsverzichterklärung vorläufig vermeiden können, müssen sie enorme Rückstellungen bilden. Es herrscht große Verunsicherung darüber, ob und wann die Ausschüttungen dauerhaft wegfallen werden.

Viele Medienhäuser werden deshalb 2016 deutlich geringeren Investitionsspielraum haben als vor dem EuGH-Urteil angenommen. Darunter könnten insbesondere große digitale Mediendienstleister leiden, mit denen die Verlage dadurch weniger Großprojekte umsetzen werden. Vor allem klassische Lizensierungsmodelle mit hohen einmaligen Lizenzkosten sollten betroffen sein. Unter diesen Umständen ist zu erwarten, dass Mietmodelle (SaaS) an zusätzlicher Bedeutung gewinnen werden.

Strategische Weitsicht und genaue Marktbeobachtung sind also bei Medienhäusern und ihren Dienstleistern aktuell nicht nur im Hinblick auf die technische, sondern auch auf die regulatorische Entwicklung essenziell.

Hier können Sie diese Auswertung als PDF anfordern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert