Drei Branchen haben in Deutschland ein massives Problem mit ihrem Geschäftsmodell: Banken, Medien und Energieversorger. Aber die Ursachen liegen tiefer und bedrohen unser aller Wohlstand.
Während die Medienbranche verglichen mit tatsächlich industriellen Maßstäben noch immer mit einem Bein kleinteilig im vorindustriellen Zeitalter feststeckt und wohl auch aus diesem Grund von den Entwicklungen des Internetzeitalters überrannt wird, unterziehen sich Banken und Energieversorger einer Rosskur bisher unbekannten Ausmaßes, um nicht vom Hammer zum Amboss zu werden. Kostenanpassung durch Personalabbau und Digitalisierung ersetzen aber keine fehlenden Geschäftsmodelle. Die Abschaffung von schreibenden Redakteuren bei „Gruner & Spar“ wird die Krise des Geschäftsmodells nicht beheben. Einen (von 20) Vorständen zum Vorstand für Digitales zu ernennen, wie jüngst bei der Deutschen Bank, sieht auch nicht nach einer Strategie aus, sondern nach einer Alibiveranstaltung, und zudem nach einer hilflosen.
Der Status quo ist nicht zukunftsfest
Nun ist es nicht so, als würde Deutschland im Netz kein Geschäft machen. Wer die Augen schließt und im Geiste die tollen deutschen Internetunternehmen vorbeiparadieren sieht, kann jedoch nicht übersehen, wie einseitig die „Zukunft der deutschen Wirtschaft“ strukturiert ist. Es dominieren transaktionsorientierte Geschäftsmodelle (vulgo: Onlineshops) mit geringer intellektueller und wenig nachhaltiger Wertschöpfung. Der Handel, schon historisch immer der Weg zum schnellen Geld, dominiert auffällig. Aber Handeln kann im Prinzip jeder, die Wertschöpfung des Sourcings ist in der transparenten Welt des Internets nur noch eine geringe und daher sicher nicht zukunftsfest.
Und was macht eigentlich die deutsche Industrie im Netz?
Sind Drucker, die ganze Bauteilegruppen produzieren können keine strukturelle Gefahr? Liegen die Parallelen zum Self-Publishing nicht auf der Hand? Mit welchen nachhaltigen digitalen Leistungen überzeugt die deutsche Industrie ihre Kunden? Wie und wo findet German Engineering den Weg ins Netz und stiftet echten Nutzen in industriellen Ausmaßen? Die deutsche Wirtschaft profitiert bis heute davon, dass China vor Jahren die DIN-Normen zum Standard für die eigene Wirtschaft erklärt hat. Wo sind die wegweisenden Deutschen Industrie Normen 4.0, die künftig auch im internationalen Geschäft einen Großteil unseres Wohlstands garantieren würden?
Deutschlands Chance liegt in der Normung
Deutschland verfügt über alles erforderliche Knowhow, um auch in der Zukunft weit vorne mitzuspielen, aber wir führen die falschen Diskussion: Wir müssten uns statt über Bandbreite (Dobrindt liefert nicht) über Chancen, Stärken und Nutzen der Digitalisierung unterhalten, und das in allen Segmenten unserer Gesellschaft. Wir haben da bei uns schon einiges erreicht. Aber wo ist unsere internationale Chance? Deutsche Unternehmen wie SAP, Siemens, Bosch und andere liefern heute das weltweite Rückgrat zur Steuerung fast aller vitalen Prozesse in Industrie, Handel, Logistik und Verwaltung. Was hindert uns daran, diese Kompetenzen zu bündeln und wie in der Vergangenheit einen branchenübergreifenden genormten Weg, basierend auf German Engineering, in die Zukunft zu planen?
Wo ist der Wirtschaftsminister, der analog zur Hartz-Kommission gemeinsam mit der Deutschen Industrie einen Masterplan „Deutschland4Null“ entwickelt?