Die Halbjahreszahlen von Bastei Lübbe sind auf den ersten Blick eine handfeste Überraschung. Auf den zweiten Blick sind sie jedoch weit weniger hübsch, als sie zunächst erscheinen: im Gegenteil.
Die Umsätze gehen um 3,6% zurück, aber das Ergebnis vor Zinsen, Ertragsteuern und Abschreibungen (EBITDA) und das Ergebnis vor Ertragsteuern (EBT) sind gegenüber dem Vergleichszeitraum explodiert:
EBITDA TEUR 7.865 (TEUR 2.964 ) bzw. EBT TEUR 4.974 (TEUR 510)
Wie ist das möglich? Vereinfacht ausgedrückt hat man Anteile an einer Beteiligung (Daedalic) verkauft und zwar gerade soviel (3%), dass die Zahlen der Beteiligung, an der man immer noch 48% hält, die Bilanz von Bastei Lübbe nicht mehr belasten. Laut Buchreport gab es bereits eine ähnliche Transaktion im März. Damals hatte Bastei Lübbe 55% seiner Anteile an der Streaming-Plattform „Beam“ an denselben Investor – Blue Sky Tech Ventures Limited – verkauft.
Ob die Kontrolle über das Unternehmen tatsächlich abgegeben, oder die Anteile nur „geparkt“ wurden, ist nicht klar. Der Verkauf der Anteile führt jedenfalls dazu, dass Bastei Lübbe die eigenen Anteile an Daedalic neu und deutlich besser bewerten kann; et voilà: die Unternehmensführung kann erstaunliche Zahlen präsentieren. Die sonstigen betrieblichen Erträge springen von TEUR 155 auf TEUR 6.587. Dazu heißt es im Halbjahresbericht:
„Die mit dem Beherrschungsverlust einhergehende Entkonsolidierung der Daedalic Entertainment GmbH und anschließende Neubewertung der verbliebenen, nunmehr „At-Equity“ zu bewertenden Beteiligung zum Fair Value hat zu einem Mehrergebnis von rd. 6,4 Mio. Euro geführt, das das Ergebnis wesentlich beeinflusst hat.“
Im Rausch der guten Zahlen kann man leicht übersehen, dass der Verkauf der 50%igen Beteiligung an der Präsenta Promotion International GmbH an den Mitgesellschafter Thomas Herriger zu einem Verlust in Höhe von TEUR 1.375 geführt hat. Entweder war der Deal sehr ungünstig für Bastei, oder der Unternehmenswert, der in den Büchern stand war wohl sehr optimistisch.
Was bei all diesen Zahlen nicht ins Bild passen will, ist jedoch der Ausblick des Vorstandes:
„… geht der Vorstand davon aus, dass sowohl die Umsätze als auch das EBITDA des Konzerns – bedingt durch die Anlaufkosten im Digitalbereich – im gesamten Geschäftsjahr 2015/2016 leicht unter dem Niveau des Vorjahres liegen werden.“
Angesichts der erstaunlichen Ergebnis-Steigerungen im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahr wird hier offenbar vorgebaut. Ein Umsatzrückgang mag zu erwarten sein, aber ein Rückgang im Ergebnis? Da die finanztechnischen Möglichkeiten nicht beliebig oft wiederholt werden können, werden die Zahlen des zweiten Halbjahres die Geschäftsentwicklung und den tatsächlichen Zustand des Unternehmens wohl deutlich besser widerspiegeln als die Zahlen des erstens Halbjahres.
Was zwischen den Zahlen auch deutlich wird
- Das Management um Thomas Schierack, der als CFO begann und heute in Personalunion auch CEO ist, versteht es offenbar besser, mit Financial Engineering gute Zahlen zu liefern, als mit dem eigentlichen Geschäft.
- Bleiben neue Umsatzbringer im herkömmlichen Geschäft aus, wächst auch das digitale Geschäftsfeld nicht übermäßig. Bastei Lübbe ist offenbar (noch) kein Digital-First-Verlag. Das Unternehmen kann digitale Inhalte offenbar nur verkaufen, wenn es diese vorher bereits gedruckt hat. Die Investorenstory klang anders und scheint durch die Praxis widerlegt. Vielleicht ist hier auch der eigentliche Grund zu suchen, warum nicht nur der Digitalvorstand Plathner ausschied, sondern auch Pux, der Vertriebsleiter für Digitales, zum Aufbau Verlag wechselte.
Kurz: Mit Bastei Lübbe geht es strategisch betrachtet wohl eher bergab, wenngleich der Aktienkurs dies bisher noch nicht widerspiegelt.
Pressemitteilung der Bastei Lübbe AG
Bastei Lübbe Halbjahresfinanzbericht 01.04. – 30.09.2015 (PDF)
Buchreport: Bastei Lübbe reduziert Anteile an Daedalic
Nachtrag: Interview mit Bastei Lübbe CEO Thomas Schierack
Jüngst gab Thomas Schierack dem Börsenblatt ein Interview zu den Halbjahreszahlen 2015. Besonderes Interesse in der Branche erregte dabei die folgende Passage:
Nach dem Ausscheiden von Herrn Plathner bin ich jetzt wieder für den Bereich zuständig, verantworte das Segment zusätzlich zu meinen anderen Aufgaben. Dass sich Leute mal verändern oder ausgetauscht werden – ich glaube, das ist durchaus üblich. Einerseits macht mir der Bereich riesigen Spaß, anderseits bin ich auch schon so gut ausgelastet und hätte deshalb nichts dagegen gehabt, wenn es anders gelaufen wäre. Doch so oder so: Ich mache es gern, weil ich mit der Digitalsparte einen der spannendsten Bereiche unseres Hauses verantworten darf.
Mit anderen Worten: 1. Ich bin wieder zuständig für das Digitale. 2. Ich mache das zusätzlich, also nebenbei, zu meinen bisherigen Aufgaben. (Schierack ist nicht nur CEO sondern auch CFO) 3. Ich mache es gerne.
Für den Aussenstehenden liest sich das so, als wenn Herr Scheirack heilfroh ist, wieder die persönliche Kontrolle über den Bereich Digitales erlangt zu haben, denn ein Nachfolger für den ausgeschiedenen Digitalvorstand wurde nicht ernannt. Da stellt sich doch die Frage: Wer war eigentlich der Meinung, dass es eine gute Idee ist, überhaupt einen Digitalvorstand zu berufen? Und warum? War das vielleicht noch eine Entscheidung des jüngst verstorbenen Verlegers, die der starke CEO jetzt zurückdreht?
Börsenblatt: Interview mit Schierack