Juristen machen Märkte (kaputt)

Märkte, die auf unfairen Regeln basieren kommen unter Druck. Statt die Märkte zu gestalten, suchen betroffene Unternehmen Hilfe vor Gericht. Zwei aktuelle Urteile zeigen die globale Spannbreite dieser Thematik.

In den USA ist es leichter gebrauchte Kriegswaffen zu verkaufen als gebrauchte Musikdateien.

Die Firma ReDigit fand sich jüngst vor einem US-Bundesbezirksgericht wieder. Ihr wurde untersagt eine Plattform zu betreiben, auf dem Eigentümer legal erworbener Musikdateien handeln können, da es sich bei den übertragenen Dateien um Kopien und nicht mehr die Originaldateien handelt. Und dieser Kopiervorgang sei illegal. Laut Heise Online meint der Richter, daß „der Käufer einer Musikdatei lediglich das Recht habe, seinen Datenträger (Festplatte) als Ganzes zu verkaufen, mitsamt der darauf gespeicherten Musik.“

vgl.Heise-Online  US-Urteil: Weiterverkauf von Musikdateien ist verboten

Dem klagenden Platttenlabel ist es so gelungen die vollen Eigentumsrechte an einer digitalen Datei an einen physikalischen Datenträger zu koppeln. Dieses Model funktioniert bei CDs, aber was passiert, wenn der Eigetümer die Datei nach dem Erwerb in einer cloud gespeichert hat? Muss er dann die Cloud mitverkaufen?

Die Konsequenz: Dieses Urteil behindert nicht nur den freien Warenverkehr und schafft damit ein eindeutiges Handelshemmnis. Die völlig unverhältnismäßige Bedrohung mit einer Strafzahlung von 150.000$ (pro Datei!) ist eine massive Kriminalisierung, die sich mit Macht gegen ein legitimes und plausibles Kundenbedürfnis stellt. Erneut hat es die Musikindustrie nicht verstanden Kundenbedrüfnissen in digitalen Märkten eine adäquate Lösung anzubieten. Statt ReDigit zu kaufen, die Kunden happy zu machen und sich selbst die Taschen zu füllen, werden Juristen gefüttert.

Mass und Mitte – oder: von Indien lernen

Novartis hat nach sieben Jahren vor Gericht eine finale Antwort bekommen. Das Krebsmittel „Glivec“ darf von indischen Generikaherstellern produziert werden und deutlich unter dem Preis von Novartis verkauft werden. Das oberst indische Gericht stellte letztinstanzlich fest: das  indische Patentrecht erstreckt sich nicht auf Modifikationen von Wirkstoffen; im Gegensatz zu Regelungen im Westen. Die implizite Botschaft ist klar: Die Menschen in Indien, die Kranken zumal, werden von Rechts wegen gegen unfaire Interessen geschützt. Patentrechte werden respektiert, ihrer Überdehnung aber werden Grenzen gesetzt. Novartis ist übrigens kein Einzelfall sondern teilt seine Lektionen mit Bayer (Nexavar), Pfizer (Stutent) und Roche (Pegasys).

vgl. Faz-Net Indien verweigert Novartis Patentschutz

Die Konsequenz ist: In Indien werden weniger Menschen am Krebs sterben, weil forschende Pharmaunternehmen Preise erzielen wollen, die sich viele potentiellen Kunde/Patienten nicht leisten können. Es werden weiter gute Geschäfte in Indien gemacht, nur vielleicht nicht ganz so glänzende.

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